24.4. , 08.45  Keio Plaza Htl., Glass Court

"Siehst Du da hinten Miss Kitty? Die japanische Ausgabe?" - "Ja, nicht zu übersehen, erinnert mich aber eher an die Queen, auch wie sie sich benimmt!"
Wo er recht hat, hat er recht. Wir einigen uns auf  "die Miss-Kitty-Queen" und ich kann endlich meine Kaffee-Geschichte an den Uwe bringen.  Wie gesagt, Keio Plaza, 20 Sterne - und keine Kaffeetassen. Aber Kitty Queen, würdevolle Japanerin, mindestens 60, am Kaffeebuffet. Sie winkt sich einen Ober heran, 3 Verbeugungen seinerseits, drei harsche Worte ihrerseits und er macht den Erklär-Bär. Zwei Sorten Tee gäbe es, Tee-Porzellan hier oben, heißes Wasser dort, Kaffee ohne, Kaffee mit im Spender und hier habe man die heiße Milch. Sie lässt erklären, geht zwei Schritte nach rechts und zeigt wortlos auf das leere Kaffeetassen-Tablett. 5 Verbeugungen und er flitz. Ich warte - in gebührendem Abstand. Ein Amerikaner ebenfalls. Die Kaffeetassen treffen ein. Miss Kitty schenkt sich einen Tee ein - in einen Porzellanbecher wohlgemerkt - und entschwebt. Der Amerikaner nimmt sich eine Tasse und drückt am Kaffee-Spender. Eine Vierteltasse wird's noch. Er schaut sich nach Miss Kitty um. Wir haben Pech - die ist weg. Aber der Erklärbär eilt gerade vorbei. Amihand geht hoch, Ober nickt, eine Minute später gibt es frischen Kaffee.  Etwas später gebe ich den Erklär-Bären und erzähle Uwe, weshalb ich zehn Minuten für Kaffeeholen gebraucht habe.

Hakone steht auf dem Plan. Irgendwie sehr viel Natur mit Wandern, heißen Schwefelschwaden und atemberaubendem Blick auf den Fuji-san. Natürlich nur, wenn nicht 100 Tonnen gestriges Regenwasser in der zunehmend wärmeren Luft gelöst sind. Wir können vom Hotel nicht sehr weit schauen, auch wenn die Sonne kräftig zieht. Zudem schnallen wir, dass es bis Hakone zwei Stunden Zug sind, dann nochmal 40 Minuten Bus. Und wohl keine Sicht auf den Fuji. Also neuer Plan: Mit der Einschienenbahn via Regenbogenbrücke bis auf die erste Insel in der Tokiobucht. Von dort via Wasserbus unter der Brücke zurück in die Innenstadt. Gesagt getan. Hier die Bilder:

Regenbogen-Brücke


Das Tages-Highlight, der niegelnagelneu Tokio Sky Tree

Der letzte Teil der Bootsfahrt wird eigentlich von einem Gebäude bestimmt: Der Tokyo Sky Tree. Jede Lücke, in denen das Gebäude zwischen den Häusern sichtbar wird, provoziert Unruhe auf dem Schiff. Alles macht „Ah“ und „Oh“ und fotografiert, was das Zeug hält. Wir machen kein „AhOh“, aber fotografieren mit. Es ist ihre neueste Attraktion und scheinbar sind sie stolz wie Bolle. Dürfen sie auch sein. Beeindruckend ist dieser Turm schon und wahnsinnig elegant dazu. Ich weiß, was wir am 22.Mai morgens melden können: Das derzeit höchste Gebäude Asiens ist offiziell eröffnet worden. Ich überrede Uwe nach dem Aussteigen in Asakusa (sprich Asakksa, ich bin lernfähig), bis zum Turm zu laufen. Weit scheint es nicht zu sein. Nebenbei nehmen wir einen kaiserlichen Garten oder etwas in der Art mit plus Schrein mit vielen Toris plus Hochzeit. Wieder mal Glück gehabt: eine Hochzeit im echt japanischen Stil. Uwe merkt an, dass der Bräutigam eigentlich kein Glück gehabt hat. Ich muss ihm zustimmen: Sie ist scheint weder ein Leichtgewicht noch eine Frohnatur zu sein. Sie wirkt ziemlich verkniffen. Vielleicht ist sie aber auch nur genervt und die Hochzeit nur das stundenlange Foto-Shooting vor der eigentlichen Zeremonie.





Es sind jedenfalls verdächtig wenig Gäste und viel Foto-Equipment da.  Zudem werden die beiden ununterbrochen in Szene gesetzt. Die Einzigen, die Spaß haben, sind die drei Gäste und wir. Aber auch das erschöpft sich schnell. Selbst das Handy mit Hasenohren, das eine der Braut-Freundinnen benutzt  – offenbar gerade sehr trendy in Tokio – unterhält uns nur ein paar Minuten.


So äußert man gegenüber den Zen-Göttern korrekt einen Wunsch: Innehalten, zwei Mal verbeugen, innehalten, zwei Mal klatschen, sich etwas wünschen, sich verbeugen. Aber vorher das Händewaschen nicht vergessen!

Wir tippeln weiter. Und wir werden aufgeregter, je näher wir dem Sky Tree kommen. Wir wissen da noch nicht, wie hoch das Ding ist, aber es ist genial platziert. Es ist ein relativ unspektakuläres Stadtviertel im Nordosten Tokios. Eigentlich keine Hochhäuser in der Nähe – nur der „kleine“ Neubau, der zum TST-Komplex gehört. Hat höchsten 20-30 Etagen. Und daneben sticht eine Nadel in den Himmel. Sieht fast aus, wie ein weiß umsponnenes Minarett. Es gibt einen neuen S-Bahnhof im Komplex, einen neuen Fluss, neue Straßen und jede Menge Zäune. Man ist noch nicht ganz fertig aber die VIPs werden schon mal raufgelassen. Deshalb die Absperrungen. Wir sehen nicht vippig aus, wir haben keine Presse-Ausweise eingesteckt und wir wollen wohl auch gar nicht da hoch. Der Boden der ersten Ebene in 350 Meter Höhe scheint aus Glas zu bestehen. Die zweite Ebene - ebenfalls mit Restaurant - liegt 450 Meter hoch und dann schraubt es sich noch hoch bis in 634 Meter Höhe.  Ich denke nicht, dass ich da etwas an Essen drin behalten würde – egal wie teuer es ist! Wir laufen um den halben Komplex und machen dann doch mal „Ah“ und „Oh“. Sie haben es halt drauf!

Wir fahren zur Ginza, verlaufen uns, kehren um, finden das Sony-Center. Für mich ist es nicht ganz so toll wie beim letzten Mal. Ich verstehe jetzt die Zeitungsberichte, dass Sony etwas die Zukunft verschlafen hat. Uwe pflichte mir nur teilweise bei und letztlich hat er Recht. Es gibt schon ein paar Segmente, bei denen Sony nicht soo schlecht dasteht.  Nächstes Ziel: Shibuya,  Kreuzung am Bahnhof. Klar gibt es auch an der Ginza solch eine Kreuzung, an der zeitgleich alles Rot schaltet für Autos und dann alle losrennen. Aber die ist groß und übersichtlich. In Shibuya ist Chaos. Wir lassen uns mal kurz mittreiben, haben Spaß und genug für heute.



Beim abendlichen Restaurant-Besuch werde ich dann glückselig und spreche aus, was ich schon seit der Ankunft in Narita  empfinde: Ich bin total glücklich, wieder hier zu sein.  Japan ist schon ein tolles Land. Und vor allem eine perfekte Service-Gesellschaft. Man wird immer freundlich behandelt. Immer! Und das macht Spaß. Und das Essen ist fantastisch. Wir bestellen insgesamt sechs Gerichte. Man hat ja sein dreigeteiltes Schälchen für Soyasauce und andere Dips. Von den Gerichten nimmt man sich dann etwas auf sein Schälchen und probiert sich halt durch den Abend. Das ist abwechslungsreich, unterhaltsam, entspannt.





Wir haben einen Film gedreht. Mal sehen, wie wir ihn hier einstellen. Es geht nur um eins - den Lärm, der entsteht, wenn man zu nah an die Tür eines Pachinkos kommt.Pachinko Slot ist die Spielhöllen-Kette Japans. Der gemeine Schlipsträger geht nach dem Feierabend gern mal an den Automaten und spielt um kleine Murmeln. Muss man nicht verstehen. Genauso wenig wie den Lärm, der in den Pachinkos herrscht. Der gemeine Tourist geht gern mal spaßeshalber quer durch ein Pachinko - um sich zu wundern und nichts zu verstehen. Kann er danach auch nicht mehr. Einige Sekunden reichen für eine vorrübergehende Taubheit.



Sky-Bar
Wir beschließen den Abend in der 42. Etage. Gestern hatte sich das ja nicht so richtig gelohnt. Da haben wir auf der Straße nach oben geschaut und die Häuser verschwanden im Nebel. Heute herrscht so etwas wie Sicht. Wir sehen aus der Bar in der 42. eine halbwegs begeisternde Skyline mit Tokio-Tower ( einer japanischen Ausgabe des Eiffelturms), diversen Hochhäusern und einem ab und an schwachen Blinken, das vom Skytree stammen müsste. Alle Kellner haben eine Tolle, wie Elvis in seinen schlechtesten Zeiten. Wir sitzen neben eine Gruppe japanischer "Damen", die schon gut getankt haben und laut und leise nicht mehr hinbekommen. Uwe gönnt sich deshalb das All-around-the-universe-Getränk Jin-Tonnyx. Ich toppe seine 14 Euro mit einem 16-Euro-Mojito. Für das Geld ist er etwas schwach. Mein Tipp also: Nur in die 42. fahren, wenn wirklich gute Sicht ist. Die Getränke allein machen es nicht.

25.Launing.  05.22 Uhr
Was verbreitet er denn für eine Unruhe da drüben in seinem Bett. Meeensch, die Bügel im Schrank klappern sogar und die Flaschen im Kühlschrank. Mein Bett wackelt auch.
ERDBEBEN, ich krieg tatsächlich ein Erdbeben ab. Cool, wie man das so merkt in der 33. Etage, weiterschlafen.

10.30 Uhr - Laut Meteorologischem Amt Japans hatte das Beben eine Stärke von 5,5. Das reicht mir. Im Nachhinein ist das Beben nicht mehr so cool. Ein weiteres brauche ich nicht in meinem Leben.

Wir nehmen den Flug nach Hiroshima. Das ist preiswerter und schneller als der Shinkansen.  Und Glück haben wir auch noch: Der Fuji-san in den Wolken. Ansonsten sind die Schmidtrichs die einzigen "Langnasen" im Flieger.



Ankunft in Erfurt. Ach nein - Hiroshima. Könnte aber auch Erfurt sein. Wir setzen irgendwo in den Bergen auf und kommen neben einer einzigen weiteren Maschine am Hangar zum Stehen. Einmal in der Stunde geht ein Bus in die 60 Kilometer entfernte Stadt. Gut  - das klingt jetzt nach Cochstedt oder Altenburg. Eine technische Meisterleistung bietet Hiroshima Int. Airport dann aber doch. Der in eine Hochebene geschüttete Flughafen hatte wohl irgendwann eine für die größer gewordenen Maschinen zu kurze Landebahn. Also hat man in das angrenzende Tal eine Stahlbrücke ins Nirwana gebaut und da drauf die Landebahn verlängert. Man fährt mit dem Bus dran vorbei. Ist schon seltsam, wenn die Landebahn dann irgendwann mitten in der Luft endet.
            
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