28. Launing         Transfer nach Osaka

Entschuldigung! Ich hab die zweite Nacht hintereinander in Hiroshima schlecht geschlafen. Nur mit Herrn Dr. Medpharms Hilfe. Ich war gestern schon nicht so richtig schreibfähig, was soll das bloß heute werden?! Sollte der Jetlag mich doch noch erwischt haben? Der Morgen war jedenfalls für Uwe nicht angenehm. Wenn Frank mürrisch ist, ist er eben mürrisch. Packen, Auschecken, Taxi. Wie immer läuft alles glatt und freundlich ab. Im Bahnhof sehen wir noch drei Langnasen, aber wenig Latein. Immerhin steht bei den Tickets „Tickets“ dran und am Schalter kommt Uwe mit ein paar Broken Inglisch hin. Ich und die Koffer stehen derweil im Hallen-Nirwana und dösen so vor sich hin. In einem kurzen wachen Moment versuche ich, ein japanisches Kursbuch zu lesen. Null Chance. Beim Fahrplan unter der Glasplatte sieht‘s schon besser aus. Ich denke, dass der 12.01 gut für uns wäre. Uwe kommt und sagt:  "Ich hab Fahrkarten für den Zug 12.01 Uhr genommen!“ Wir ticken zu gleich… Nun flitzen wir also im Shinkansen durchs Land und trinken Kaffee der „West Japan Railway Food Service Net Company“. Den hat uns die nette Dame von der „West Japan Railway Food Service Net Company“ verkauft, nachdem sie sich drei Mal verbeugt und nichts verstanden hat. Dann zog sie aber sofort eine Menükarte der „West Japan Railway Food Service Net Company“ hervor, auf der wir schicke Bildchen neben japanischen und lateinischen Schriftzeichen vorfanden. Wir bekommen unseren Kaffee, nochmals Verbeugung, der Wagen wird zur Tür gerollt, die Dame dreht sich noch mal zu den Passagieren, verbeugt sich mit einem „Arrigato“ und entfleucht samt ihrem Angebot der „West Japan Railway Food Service Net Company“. Uwe flucht. Er versucht verzweifelt,  die Kaffeebecher der „West Japan Railway Food Service Net Company“ zu fotografieren, die uns so amüsieren.  Immer, wenn er auslösen will, rauscht der Zug in den nächsten Tunnel.  Das Leben ist kein Fotostudio. Und in etwa 15 Minuten wird sich die Tür wieder öffnen, und die nette Dame der „West Japan Railway Food Service Net Company“ uns alle im Waggon erneut mit einem Knicks begrüßen. „Konichiwaa!

Tokio ist geordnet, Hiroshima entspannt, Osaka ist anstrengend. Und es erinnert mich komischerweise an Berlin. Partymeile unter S-Bahn-Bögen, moderne Bauten. Das Foto unten ist in der Partymeile aufgenommen. Wir sind in eine Kneipe, die keine englische Karte hatte. Große Premiere. Aber wie immer: et klappt! Und dann hat es auch noch super geschmeckt, obwohl es aussah wie eine Kaschemme.  -  Das Bild zeigt etwas typisch Japanisches: Die Handtaschen an der Wand stammen von der Herrenrunde im Hintergrund. Und immer schön in der Armbeuge tragen...   :-)


Das Riesenrad kommt aus dem Gebäude. Grandios! Und Spaß hat das Fahren auch noch gemacht.


Irgendwann am dritten oder vierten Tag stelle ich fest, dass ich kleine Dinge mit den Stäbchen beim Essen ergreifen kann. Und dass meine Hand nicht mehr verkrampft beim Essen. Das finde ich gut. Ich bleibe beim Frühstück konsequent im Westen. Aber Abendbrot haben wir inzwischen ein breites Spektrum japanischer Küche abgearbeitet. Es dauert zwar manchmal, bis wir uns für einen Laden entschieden haben, aber bei der eigentlichen Auswahl des Essens kommen wir gut voran. Am letzten Tag werden wir dann noch ein Restaurant mit einem Bestell-Automaten abfassen. Das ist witzig und schwierig zugleich. Es gibt zwar eine englische Seite, aber die hat keine Bilder und hilft uns außer beim Bier nicht wirklich weiter. Also wechseln wir auf die japanische Ausgabe und machen das, was uns in den letzten Tagen oft weitergeholfen hat: Wir bestellen, was auf dem Bild ganz gut aussieht. Geht diesmal schief. In der Suppe ist mal wieder das mysteriöse "Gut". Ansonsten lecker. Die Spießchen sind auch knorpelig. Eine Zugabe, die wir als Reis gedeutet hatten, entpuppt sich als geriebener, weichgedünsteter Rettich. Was man alles essen kann. Zwei Tische weiter übt eine Mädchen-Clique, was japanische Mädchen eh schon besser können als alle anderen auf der Welt: Sie kreischen und krietschen sich gegenseitig auf das Lautstärke-Level, das die Außerirdischen bisher von einer Invasion abgehalten hat. Und wieso können sie das besser als alle anderen? Nirgendwo auf der Welt scheint es so wichtig zu sein, ein hohes Piepsstimmchen zu haben wie in Japan. Da kommt Gekreische natürlich besonders gut.

29. Launing - Ausflug nach Kyoto

In Japan muss man einfach den Zug nutzen. Der Shinkansen fährt zum Beispiel im Viertelstunden-Takt zwischen Osaka und Tokio. Auf der Strecke liegt dann auch die alte Kaiserstadt Kyoto. Für nicht ganz 13 € zischen wir in 15 Minuten hin. Kyoto hat mehr als ein Dutzend Weltkulturerbe-Stätten. Das ist nicht zu schaffen, wir picken uns drei heraus. Die erste ist Kinkaku-Ji, der Goldene Pavillon.





Nicht eingerüstet: das Idyll der Idylle - der goldene Pavillon







Kein Ort der Ruhe mehr: UNESCO-WKE Steingarten Ryoan-ji









Ein Tori! Und in orange! 

Wer im Kimono durch die Gegend huscht, weiß, dass er fotografiert wird. Die beiden Damen haben sich noch mal extra hingestellt, nachdem uns ein halbblinder Turi ins Bild gelaufen war. Wir haben uns mit einem "Arrigato go sai mas" tief verbeugt und sie lächelten freundlich zurück.

Bohhh - wat hoch!

Nochmal UNESCO-WKE. Aber fragt mich bloß nicht, welches. In der Anlage mit Mauern, Tempeln und Türmen gab es aber eine riesige Fläche mit Kirschbäumen - leider schon abgeblüht. Hatte eine Woche zuvor sicher genial ausgesehen.


Kryotechnik
Gleich nach Thailand ist Japan führend in der Kryotechnik. Was nicht bei "3" aus geschlossenen Räumen ist, wird schockgefroren. In Kyoto nahmen wir unfreiwillig an einem Test in einem Bus teil. Dass der öffentliche Nahverkehr gern einen auf cool macht, hatten wir schon vorher mitbekommen. Neu am Bus in Kyoto war, dass sich die Lüftungsschlitze nicht wegdrehen oder schließen ließen. Uwe hatte sich geopfert und mir den Platz gelassen, auf dem es noch halbwegs ging. Wahrscheinlich hatte er gedacht, dass er die 20 Minuten bis zur Kyoto-Station ohne Probleme durchhält. Aber dann tauchten diese weißen, teils halbnackten Gestalten auf und führten in der Innenstadt zum Stau. Der Bus steht, wir sind bei "3" und die Temperatur fällt und fällt und fällt. Währenddessen hucken die weißgekleideten Lendenschurzträger irgendwelche Sänften von einem Tempel zum nächsten. Da stehen dann schon die nächsten Gläubigen. Und das spielen die in einer Stadt, in der es fast mehr Tempel als Wohnhäuser gibt. ...während neben mir sich eine Reif-Schicht auf meinem Mann bildet...
 

folgt