Reise-Gelaber ab 22. Launing(April)

UUUUUnd ab jeht die Post!

Ach ja, ich bin ja jetzt wieder was Besseres. (Uwe lässt mich Business fliegen - freu) Ich geh brav an den Lufthansa-Schalter, werde freundlich angemotzt,  aber doch gleich bedient. Und dann: „Sie häddn aber ooch an den Breiooriddie-Schalter gehen gönnen!“  Stimmt, hätte ich, hab ich aber nicht dran gedacht. Er hat ja auch vergessen, seinen halbsächsischen Satz mit „Meinorr“ zu beenden. Alles klappt, alles wird gut, ganz ruhig…

Auf der Beschleunigungsspur wird mir dann schwindlig. War ja auch ne Scheiß-Nacht. Um zehn ins Bett, um 2 ne Schlaftablette. Kleiner Geschichten-Einschub:

Morgendämmerung. Zwei kleine Jungs schleichen sich in das Schlafzimmer ihrer Eltern. „Siehste, da oben liegt der eine Koffer“, flüstert der Fünfjährige, der Größere von beiden, „der anderer steht da!“ Der Kleine staunt, was der Große alles so weiß und wie leise der die Tür aufbewkommen hat. Und dann flüstern sie beide und glauben, keiner hat ihre Erkundungstour bemerkt. Wahrscheinlich haben die Eltern ganz still gehalten und sich einen gegrinst.

Ich weiß nicht, ob mein Bruder noch an Reisefieber leidet oder ob er es damals erfolgreich auf mich abgewälzt hat. 30 Jahre später ging's nämlich los: Frank schläft schlecht vor einer Reise - und wenn's nur anne See geht. Also diesmal hattte der Generalstab beschlossen: Um 22 Uhr ins Bett, bis 8 Uhr Zeit. Um 2 Uhr habe ich mich für die Tablette entschieden  und den Wecker auf coole 8.20 weitergestellt.  Und jetzt fühle ich mich... äh.... doch ganz gut.  Mit nem Glas Sekt in der Lounge in FFM, viele Japaner um mich herum und ich frage mich, wieviele "bessere" Plätze es im A380 gibt. So schnell hat's sich mit "Was-Besseres-Sein". Alles nur Schein...

geht los geht los    aufgeregt!  tschöööö!

Das war's? 10 Meter rollen und schon in der Luft? Wassn das für ein Flugzeug? Man wird gar nicht mehr durchgerüttelt und in den Sitz gepresst! Das ist doch kein echter Start mehr! A 380. Hmm.     Zwei Reihen hinter mir werden noch Tüten gebraucht. Gut - zählt doch noch als Start.  :-)

Erkenntnis 1: Die Seen in Finnland sind noch zugefroren.

Erkenntnis2: Über Nordrussland liegt noch Schnee.

Erkenntnis 3: Freundliche,  1,75 Meter große WasBesseres werden einfach nicht wahrgenommen.  Im Flieger werde ich als erstes meinen Mantel nicht los. „Hallo?“ –„Hallo?!“ – „HALLO!!“ Ah doch. Dann kippt mein Nebenmann noch vor dem Start seinen Champus über meinen Sitz und mein Hemd. (Das war das Zeichen und ich hab’s verpennt.) Die Stewardess putzt: „Wollen Sie sich umsetzen?“ –„Nein danke, das trocknet doch schnell!“. Ich hab so einen schönen Platz in erster Reihe am Fenster mit extra viel Beinfreiheit. Das geb ich doch nicht auf! Mein Nachbar gibt auch nicht auf. Das weiß ich da nur noch nicht. Er verschüttet noch Wasser (trifft aber sich) und schmeißt leere Gläser um (Glück gehabt, war vorher Rotwein drin). Das Leben ist halt kein wunderbarer Waschsalon…

Auch beim Besteck werde ich grundsätzlich vergessen. Bin ich so `ne graue Maus? Ich entscheide mich fürs japanische Menü. Gute Wahl. Noch ein Sekt, ein Weißwein, ein Baileys. Nein, ich kann trotzdem danach nicht schlafen. Vor dem Essen noch ein Film und der ist die große Empfehlung: "Die eiserne Lady". Gott, ist Meryl Streep gut. Ich mag die Thatcher ja nun gar nicht, aber Meryl Streep ist Maggie und doch noch Meryl genug, um Abstand zu wahren. Ich bin kurz vorm Heulen am Ende. Ein Mensch ist nur ein Mensch und all das Streben nach der Spitze sinnlos, wenn die Liebe dabei zu kurz kommt. Die Frau kann einem nur leid tun. Die Maggie, nicht die Meryl!

Es gibt kein europäisches Frühstück mehr. 1000 Entschuldigungen, nur noch japanisches ist da. Ein Weißwein wäre jetzt gut. So zum gekochten Lachs, dem Reis. Die Misosuppe – okay, geht immer. Ah – drei Blaubeeren – meine Rettung. Und dann ist da noch SOWAS. Sowas ist schreiend rosa, sieht aus wie eine halbierte Frucht mit 1000 Körnern drin oder wie eine halbe Fischblase. Womit wir wieder in der Kindheit wären: „Alles kosten!“ Blöde indoktrinierte Angewohnheiten. Es fängt salzig an, wird ekelhaft scharf und ist garantiert giftig, wenn man es nicht mit Blaubeeren zusammen isst. Das Leben ist eben auch keine Gourmetküche…

Ich tu mir noch den zweiten Sherlock Holmes an. Kann man. Robert D. und Jude L. sind  es wert. Landung, superschnelle Immigration, alles wunderbar am Klappen in Japan. Der Bus kommt, das Personal verbeugt sich vor der orangen, fahrenden Teufelsmaschine, ich sitze und werde eine Stunde zu früh im Hotel sein. Was denkt der Schmidt sich eigentlich, wie lange ich bis zu diesem Bus hätte brauchen können?

Kirschblüten-Fotos

Ich  erstatte Bericht, während ich in die Moderne rolle. Es hat geregnet, Tokio ist noch frisch gewaschen worden. Sauber ist es eh. Wenn sich irgendwas schwachsinnig anliest: ich bin übermüdet. Ach hier sitzt also Seiko. Krieg ich eigentlich was, wenn ich versteckt Werbung einfließen lasse? Wir fahren auf Stelzenstraße 2 unter Stelzenstraße 3 durch und dann über Stelzen-S-Bahn 1 drüber. Geht noch. Aber plötzlich sind wir auf Stelze 5 oder 6 und der Busfahrer nimmt eine Kurve direkt in den Himmel. Geht eigentlich nicht mehr. Aber geil ist es trotzdem, an einem zehnstöckigen Hochhaus vorbeizufahren und auf den Dachgarten zu schauen.

Unser "halbes" Zimmer. Die andere Hälfte mit Bett 2 passte nicht aufs Bild

Ich halte erstmal gut durch. Dusche, spätes ordentliches Frühstück, Laufen durch Shinjuku. Technik-Läden - nirgendwo gibt es DVD mit Filmen - bisher also Pech für Steffi, der ich etwas mitbringen soll. Ich schwächele in der Kaufhausluft, wir beschließen, in einen der kaiserlichen Parks zu gehen. Den kennen wir zwar schon - aber nicht im Frühjahr. Und da ist er - der beeindruckende Rest der Kirschblüte. Es regnet noch immer, aber egal.

Dann ist der Akku alle. Meiner. Ich darf und muss 3 Stunden schlafen.

24. Launing (April):  dunstig, trocken, warm in Tokio

Es gibt so ein paar Dinge in Japan, die müsste man eigentlich sofort importieren. Zum Beispiel die Regenschirm-Spielchen. Weil es das Klima so will, kann man ja an jeder Ecke billig einen Schirm erstehen. Den schleppt man eine Weile mit sich mit und kommt dann - sagen wir mal - in ein Cafe. "Wohin mit dem nassen Ding?", fragt man sich in Europa. In Japan gibt es diverse Möglichkeiten: Den Schirm in ein Regal einhängen und mit einem kleinem Schloss sichern. Noch schöner: den Schirm in eine schmale Box stecken, nach vorn herausziehen und mit ins Cafè nehmen. Der Schirm ist nun nämlich in einer schmalen Plastiktüte verpackt und tropft nicht mehr. 

Kois Kois ohne Endeee

Frank mit Koi-Ärger-Gerät

Beispiel 2: Toiletten. Der beste Freund der Japaner ist Toto. So heißt der führende Keramik-Hersteller auf den Inseln - man könnte sagen: der Grohe oder Villeroy&Boch Japans. Toto hat seine Washlets im gesamten Land untergebracht. Das Problemm deutscher Pionier-Blasen, dass man sich oft dreimal überlegt, ob man nicht doch noch mal alles hochzieht, gibt es in Japan nicht.  Im öffentlichen Bereich ist es immer sauber! Auch auf den Toiletten. Gott, was sind wir für ein verkeimtes Land dagegen!

Mag ich sehr: Gebäude der Kunstakademie Tokio


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